Winterlich: Freya Linder auf ihrem Trike, hier vor dem Tierheim im Fechenheimer
Peter Sauer
Hilft besser als ein Gehstock
Mobilitätserfahrung für Behinderte mit einem Trike
Wer mich kennt, weiß, wie ich zu Fuß unterwegs bin: immer den rechten Fuß voraus und den linken nachziehen, ein guter Gehstock hilft, medikamentenbedingte Gleichgewichtschwankungen auszubalancieren, um – wie schon gelegentlich passiert – mich nicht in hilfloser Lage auf dem Boden wiederzufinden. Zu Fuß dauert ein Weg von 200 Metern jetzt 20 Minuten. Autofahren ist mir untersagt, Zweiradfahren ebenso. Ich dachte immer, bis es soweit käme, fließe noch viel Wasser die Nidda und den Main runter. Es bliebe somit nur noch das Kutschierenlassen zu den vielen Arzt- und Therapieterminen und den Einkaufstouren.
Also bin ich auf ein Pedelec-Trike umgestiegen. Da der linke Arm nicht mehr so will wie er soll, hat mir mein Händler die Bedienele-mente auf die rechte Seite verlagert und einen elektrischen Richtungsanzeiger eingebaut (manche Automobilisten scheinen so etwas nicht mehr zu kennen). Da ein Trike viel schwerer ist als das gewohnte Zweirad, wäre ich ohne Akku-Unterstützung restlos überfordert. Eine ebenerdige Garage ist unabdingbar, um das teure Stück vor Witterung und Diebstahl zu schützen. Dank Steckdose dort brauche ich den 5 kg schweren Akku nicht ins Haus zu schleppen. Vollgeladen beträgt die Reichweite etwa 50 km – nicht genug für eine GrünGürtel-Rundtour. Bei Kälte gehört so ein Akku allerdings ins Haus, Eiseskälte behagt ihm gar nicht.
Hinter dem Akku nimmt eine breite Ablage Gepäckstücke und schwere Einkäufe bereitwillig auf. Damit konnte ich von Ginnheim aus dem Tierheim im Fechenheimer Gewerbegebiet im PE-Sack vier dicke Kuscheldecken spenden. So bekamen die "Asylanten" auch gemütliche Weihnachten. Ein hoch angebrachter, reflektierender Wimpel lässt Autofahrer an Einmündungen brav meine Vorfahrt beachten. Wichtig ist die Sichtbarkeit für andere Verkehrsteilnehmer. Und man sollte die Breite der hinteren Achse berücksichtigen, um Umlaufsperren zu meistern. Das kleine Vorderrad ermöglicht einen komfortablen Wendekreis. Da ohne Rückwärtsgang, braucht Wenden allerdings große Kraftanstrengung, Sackgassenverhältnisse muss ich tunlichst meiden. Fies ist das bei unvorhersehbaren Engpässen und Baustellen. Dabei sollte man sich aber nicht von freundlichen fremden Menschen helfen lassen, die nicht wissen, wo man das Trike anheben darf.
Noch nicht gewagt habe ich die Nutzung von Bahn und Tram. Damit könnte ich wohl größere Touren angehen. Beim Ein- und Ausladen müsste eine kräftige Person helfen, 65 cm Mindesttürbreite des Verkehrsmittels vorausgesetzt.
Etwas Besonderes hat leider seinen Preis, auch bei evtl. Reparaturen. Die Ersatzkasse um einen Zuschuss zu bitten, habe ich mir verkniffen, den hat sie mir sogar für die Anschaffung eines Pflegebettes verweigert.
Freya Linder