Der mobile Fahrradserviece im Sommer 2016 in Gronau im Einsatz
Ute Gräber-Seißinger
Fahrradinstandhaltung in Selbsthilfe
In der "bike-kitchen" engagiert man sich für eine Fahrradmobilität von Geflüchteten
Seit rund zwei Jahren besteht sie nun, unsere Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt bike-kitchen in Bad Vilbel im Riedweg 20. Untergebracht ist sie in einer Unterkunft für Geflüchtete. Und damit ist auch schon das Stichwort gefallen, das zur Entstehungsgeschichte der Werkstatt hinführt.
Im Herbst 2015 gründeten Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bad Vilbel den Verein Flüchtlingshilfe – Willkommen in Bad Vilbel e. V. (FHBV). Der Verein unterstützt Flüchtlinge und Zugewanderte bei ihrer vorübergehenden oder dauerhaften Integration und begleitet entsprechend dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe Eigeninitiativen der Migrantinnen und Migranten. Dazu ist der Verein in verschiedene Säulen gegliedert. Eine dieser Säulen ist die Fahrradsäule. Für uns vom ADFC Bad Vilbel war klar: Hier müssen wir helfen, unser Fachwissen einbringen. Fahrradmobilität ist nun einmal einer der Grundpfeiler unseres Handelns und ein großes Bedürfnis der Geflüchteten.
Der Arbeitsplatz in der Bad Vilbeler
Theo Sorg
Die Geflüchteten brachten wenig mit aus ihrer Heimat, die sie hatten verlassen müssen. Oftmals zu wenig, um ihre Grundbedürfnisse decken zu können. Um sie mit Fahrrädern zu versorgen, sammelte der FHBV unter dem Titel 4F – funktionstüchtige Fahrräder für Flüchtlinge – in der Christuskirche gebrauchte Fahrräder ein. So kamen etliche gut erhaltene Fahrräder zusammen. Leider mussten wir auch feststellen, dass eine Vielzahl der Räder ihr Fahrradleben bereits hinter sich hatte. Wir vier Fahrradschrauber versetzten einen größeren Teil dieser Fahrräder in einen brauchbaren Zustand und konnten sie dann weitervermitteln. Bedingt durch die intensive Nutzung war der Bedarf an Nachbesserungen groß. Ständig wurden Räder, die uns sehr bekannt vorkamen, von neuem zu uns gebracht.
Anfangs versuchten wir, den Menschen mit einem mobilen Einsatzteam bei der Instandhaltung zu helfen. Angesichts der zahlreichen dezentralen Unterkünfte im Stadtgebiet war dies ein aufwendiges Unterfangen – mit oftmals für Helfer und Hilfe Suchende gleichermaßen unbefriedigendem Ergebnis. Der Gedanke der Hilfe zur Selbsthilfe kam uns dabei viel zu kurz.
Durch Zufall erfuhren wir von einem unbewohnten Raum im Riedweg, der nur als Rumpelkammer genutzt wurde. Das war unsere Chance. Dort konnten wir eine Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt einrichten, die genügend Platz für unsere Ersatzteile und Werkzeuge bot. Endlich! Die Stadt Bad Vilbel half uns mit einem verschließbaren Sideboard und der Integration der Eingangstür in das Schließsystem des Gebäudes. Das war auch eine Basis, um unsere Ausrüstung nach und nach zu verbessern. Vieles davon stammt aus unserem eigenen Fundus oder wurde gespendet; selbstredend mussten wir auch einiges zukaufen.
Seither hatten wir unsere bike-kitchen fast durchgehend jeden Dienstag von 18 bis 20 Uhr geöffnet. Die Nachfrage ist, wohl aufgrund der Jahreszeit etwas zurückgegangen. So haben wir uns entschlossen, im Winter nur noch jeden zweiten und vierten Dienstag im Monat zu öffnen und auch Schulferien aus unseren Öffnungszeiten auszunehmen.
Unsere Arbeit ist mit dem Betrieb der Selbsthilfe-Werkstatt nicht vollständig beschrieben. Sonderaktionen zur Versorgung der Geflüchteten – ebenso aber auch anderer Bürgerinnen und Bürger in bescheidenen finanziellen Verhältnissen – mit Fahrrädern machten unser Engagement auch in einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Das waren namentlich die in den letzten drei Jahren gemeinsam mit dem FHBV veranstalteten Fahrradbasare.
Ein ebenso wichtiges Anliegen ist uns die Beachtung der Straßenverkehrsordnung, dazu verteilten wir jede Menge Infomaterial. Auch das Verhalten im Straßenverkehr ist bei unserer Arbeit immer wieder Gesprächsthema.
Nützliche Hilfen für unser Handeln fanden wir unter anderem auch auf den Homepages der verschiedenen ADFC-Verbände, ob in den Kreisen, den Bundesländern oder des Bundesverbands – wofür wir sehr dankbar sind.
Theo Sorg
Ute Gräber-Seißinger