Editorial
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hat geklagt und vor Gericht Recht bekommen. Behördlich festgelegte Grenzwerte für Schadstoffe in unserer Atemluft dürfen nicht dauerhaft überschritten werden. Die Behörden müssen dafür sorgen, dass die Grenzwerte eingehalten werden. Da ist es eigentlich kaum überraschend, dass dies mit einer Verminderung des Autoverkehrs einhergehen könnte. Prompt wirft der Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen der DUH vor, sie wolle das Land lahmlegen. Seine Parteigenossen gar plädieren dafür, dem Verein die Gemeinnützigkeit abzuerkennen.
Es offenbart ein merkwürdiges Rechtsverständnis bei führenden Politikern, wenn sie Gerichtsentscheide nur widerwillig hinnehmen, dafür aber gleich lautstark über die Klägerin herfallen, die diesen Entscheid herbeigeführt hat. Dass die Partei (genauer: deren Schwester) den Bundesinnenminister stellt, der für Recht und Ordnung einsteht, macht die Sache für mich noch bedenklicher.
Die Angst vor Fahrverboten ist so groß, dass nahezu alle politischen Parteien nun den Radverkehr entdecken. In Offenbach setzt sich ein liberaler Verkehrsdezernent für das Radstraßenkonzept in der Stadt ein. Seine Begeisterung für das Fahrrad hat, so war der Presse zu entnehmen, ganz pragmatische Gründe. Er hofft, dadurch Fahrverbote für Dieselfahrzeuge vermeiden zu können. Klingt erstmal gut, hat für mich jedoch einen schalen Beigeschmack – wir Radfahrer/-innen ermöglichen die freie Fahrt für Autos in der Stadt.
Da gefällt mir die mit einem ironischen Unterton vorgetragene Meinung des Frankfurter Verkehrsdezernenten besser: Wenn der Autoverkehr 30 % der Verkehrsleistung erbringt und der Radverkehr 20 %, müsste man doch über eine ganz neue Aufteilung des Straßenraums nachdenken: 60 % der Flächen für das Auto, 40 % für das Fahrrad. Gute Idee, oder?
Apropos gute Idee: Seit einiger Zeit reden wir über den ökologischen Fußabdruck, den jeder Einzelne von uns auf dieser Erde hinterlässt. Ich hielt mich bisher für einen von den Guten – ein Leben ohne Auto, nur selten Flugreisen, in der Regel Fahrrad oder Bahn, kein Coffee-to-go. Doch nachdem ich die Fragen auf www.fussabdruck.de ehrlich beantwortet hatte, musste ich feststellen: Würden alle Menschen dieser Welt meinen Lebensstil pflegen, könnten wir den Laden bald dichtmachen. Radfahren allein rettet uns also nicht.
Trotzdem, fahrt weiterhin Rad und denkt gleich zum Jahresbeginn daran: Auch wir sind der Verkehr, ganz ohne Diesel-Power.
Peter für das Redaktionsteam