Felix Austria
Nach Mekka muss jeder mindestens einmal reisen, so er muslimischen Glaubens ist. Das ist bei mir nicht der Fall. Ich bete auch nichts an, nicht einmal mein Fahrrad, obwohl ein weiser Mensch formuliert hat, Radfahren sei "die schönste Bewegung nach dem Vogelflug." Dennoch: Eine Art Mekka für Radler gibt es wohl doch: den Donauradweg von Passau nach Wien. Den muss jeder Radler mindestens einmal im Leben befahren, so mein Eindruck. Und der fehlt mir noch.
Also buche ich eine einwöchige Tour von Passau nach Wien individuell für meine Frau und mich, mit Zusatztagen in Wien und Passau, um mir selbst einen Eindruck zu verschaffen.
Die Anreise mit dem Auto bis Passau am 30.06.2018 ist eine Arbeitsetappe der übleren Sorte. Ab Passau starten wir dann, gut versorgt mit Infomaterial und gebuchten Hotels. Wir sind bei weitem nicht die einzigen Radler auf der Strecke. Gepäcktransport ist inklusive, das war nicht zu vermeiden. Die Begleitbroschüre stammt vom Erfinder des Donauradweges, also folgen wir akribisch seinen Vorschlägen, auch wenn wir dabei mehrfach Fahrradfähren benutzen müssen. Ich war ein wenig überrascht, dass der Radweg (der eigentlich keiner ist) erst ab dem Jahre 1982 befahrbar wurde. Vorher gab es nur "Treppelwege". Und heute? Der Weg ist fast überall beispielhaft gut ausgebaut und ausgeschildert. Er wird begleitet von hervorragender Infrastruktur, führt durch wunderbare Landschaften und hat alle seine ADFC-Sterne verdient. Das sahen wohl auch die Leute vor 25.000 Jahren so, denn die weltbekannte "Venus von Willendorf" lag fast direkt am Wegesrand. Heute steht sie dort, allerdings hundertfach vergrößert.
Ob gebaut wird oder nicht – passt schon: Die Umleitung geht sich eh' aus …
Foto: Günther Gräning
Wir erreichen Wien nach sechs Tagesetappen. Zum ersten Mal erfahre ich diese Stadt auf dem Rad, und das gleich zwei Tage lang. Der Radverkehr ist erheblich und findet fast ausschließlich auf vorbildlichen Wegen statt. Da tränen einem die Augen, wenn man sonst in Bad Homburg herumgurken muss! Nur Amsterdam und Kopenhagen dürften noch besser sein.
Nachdem auch noch der Rücktransport per Bus nach Passau gut geklappt hat, gönnen wir uns noch einen Tag am Inntalweg. Von dort stammt das Foto. Auf dem Hinweg von Passau haben wir keine Sperre des Inntalweges bemerkt.
Wir sind verunsichert und fragen eine Passantin. Das Schild stehe dort seit zwei Jahren, sagt sie. Die österreichische Bundesbahn habe gebaut, sei damit aber längst fertig. Es sei hier üblich, Schilder stehen zu lassen, wenn sie sich bewährt haben, auch wenn der Anlass ihrer Aufstellung nicht mehr besteht. Ich bemerke, dass das Jahr der Sperre nicht erwähnt ist. Auch erscheint mir die vorgeschlagene Umleitung ein wenig weitläufig und zu lang. Aber hier regiert ja ein Herr Kurz, dem Flüchtlinge lästig sind. Felix Austria!
Günther Gräning