Editorial
Andere Länder, ähnliche Probleme: In Bologna geht die Polizei gegen Radfahrer vor, die Einbahnregelungen missachten oder die Fußwege unter den berühmten Arkaden befahren. Alles andere sei zu gefährlich, behaupten die Radfahrenden, auf der Straße sei man dem rücksichtslosen Autoverkehr hilflos ausgeliefert. Das ärgert die Fußgänger, die sich nun rücksichtslosen Radlern ausgeliefert sehen. Dabei gilt Bologna als die Fahrradhauptstadt Italiens – doch scheint man dort noch weit hinter Frankfurt zurückzuliegen. Welch bedeutender Schritt bei uns allein mit der Öffnung der Einbahnstraßen gemacht wurde, lässt sich wieder ermessen, wenn man in der Presse liest, dass auch italienische Radler nicht mehr bereit sind, weite Umwege in Kauf zu nehmen, nur weil die historischen Altstädte dem Auto zuliebe zu einem Einbahnstraßengewirr geworden sind.
In Florenz hat ein chinesisches Unternehmen 2.300 Leihräder in die Stadt gebracht. Das Angebot wird angenommen, die "bici" werden bis zu 10.000 mal am Tag genutzt. Gleichzeitig aber landen viele der Räder im Fluss, werden mutwillig zerstört oder einfach mit nach Hause genommen. Die Stadtverwaltung, von dem Leihrad-Boom ebenso überrascht wie das Unternehmen selbst, versucht, die Lage wieder in den Griff zu bekommen. Der nächste Anbieter von Rädern steht vor der Tür, man befürchtet weitere Auswüchse auf dem Leihrad-Markt. Es könnte also auch für uns Frankfurter durchaus ein Blick nach Italien lohnen angesichts der vielen neuen bunten Rädchen in der Stadt (siehe Seite 8).
Apropos Leihräder, ob chinesischer Herkunft oder nicht: Leser J. sieht hier eine Begriffsverwirrung. Mietrad müsste es richtig heißen, denn man miete das Rad, da man für die Nutzung zahle. Leihen dagegen sei die unentgeltliche Überlassung einer Sache – z. B. wenn man sich das Rad der Nachbarin ausleihe. Doch auch Boots-, Ski- oder Autoverleiher finden hier keine eindeutige Sprachregelung und selbst der Duden würde Leihräder für Geld vermieten. Ziehen wir also die Zeitung, hinter der immer ein kluger Kopf steckt, heran. Dort lesen wir: "Als eine der 'großen chinesischen Erfindungen' wird das Leihfahrrad schon in der chinesischen Presse gepriesen. Für wenig oder gar kein Geld mietet man sich eines der (...) Leihräder und stellt es ab, wo immer man mag."
Die gute Nachricht dabei: Das Fahrrad ist weder aus der Presse noch aus den Städten wegzudenken, egal ob in Italien, China oder Deutschland.
Eine immer gut ausgeleuchtete Winter-Radfahrzeit wünscht euch
Peter für das Redaktionsteam