So viele Chancen wie noch nie!
Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen
Seit über zwei Jahrzehnten haben wir darauf hingearbeitet, dass in Hessen eine menschenfreundliche Institution mit dem Ziel geschaffen wird,
zukunftsfähige, belebte und wohnliche Städte zu gestalten. Städte in denen ihre Bewohner gerne leben und wo individuelle Bewegung in Alltag und Freizeit Spaß macht. Städte mit Lebens- und Bewegungsqualität zeichnen sich nicht allein durch eine hohe Erreichbarkeit und Zugänglichkeit für alle Verkehrsteilnehmer aus, sondern bieten insbesondere optimale Bedingungen für Nahmobilität, Nahversorgung und Naherholung.
Wobei unter Nahmobilität
nichtmotorisierte, individuelle Mobilität im räumlichen Nahbereich, vorzugsweise mit dem Fahrrad und zu Fuß
verstanden wird. Der entscheidende Faktor der Nahmobilität ist der Radverkehr und die Verbesserungen seiner infrastrukturellen, rechtlichen und kulturellen Rahmenbedingungen. Nahmobilität das ist "fahrradfreundlich plus".
Die kursiv gesetzten Passagen stammen aus dem Leitbild der bereits 1993 (!) gegründeten Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen (AGFS). Wir haben uns seit Gründung der AGFS gegenüber der hessischen Verkehrspolitik dafür eingesetzt, sie als ein gutes Beispiel zu begreifen und solch eine Institution auch in Hessen einzurichten.
Unserem beharrlichen Einsatz auf und hinter den politischen Bühnen ist es zu verdanken, dass wir jetzt endlich auf einem guten Wege sind, Entwicklungen zunächst nachzuholen und perspektivisch sogar zur Spitzengruppe der Bundesländer aufzuschließen. Ein Lob wollen wir der gegenwärtigen hessischen Koalitionsregierung aussprechen: Erstmals in der Geschichte wird es in der Landesverwaltung ein politisches Gremium geben, das die Fahrradmobilität sowohl strategisch, als auch praxisorientiert fördert, ein Gremium, in dem wir als ADFC Hessen gut vertreten sind.
Am 7. Juli 2015 kam der Lenkungskreis der AGNH in Wiesbaden zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Verkehrsminister Tarek Al-Wazir und Staatssekretär Mathias Samson beriefen 14 Akteure aus Kommunen, Wissenschaft und Verbänden, darunter den ADFC Hessen (Stefan Janke, Norbert Sanden), in den Lenkungskreis, der die Ziele und Leitlinien der für Mitte März 2016 vorgesehenen Gründung der Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität Hessen (AGNH) erarbeiten soll.
Zur Gründungsversammlung wird das Verkehrsministerium alle 426 hessischen Städte und Gemeinden einladen. Daraus wird deutlich, dass es das oberste Ziel der AGNH sein muss, die Kommunen zur Förderung der Nahmobilität (der Fahrradmobilität) zu motivieren und sie dabei effektiv zu unterstützen. Wir freuen uns darüber, dass die AGNH vom Verkehrsministerium (HMWEVL) u.a. durch Finanzierung und Beauftragung einer Geschäftsstelle sowie durch die Finanzierung von Projekten, Wettbewerben und Vor-Ort-Beratungen unterstützt werden wird.
Für uns bedeutet dies, dass dadurch einerseits die Arbeit der ADFC Gliederungen vor Ort begünstigt wird, andererseits werden auch neue Herausforderungen auf die Aktiven zukommen.
Der Lenkungskreis identifizierte vier Handlungsschwerpunkte der AGNH: Fahrradverkehr, Fußverkehr, Integrative kommunale Verkehrsplanung und Mobilitätserziehung. Zu jedem der vier Themen wurde ein Expertenkreis (EK) eingerichtet, der sich in den Monaten September bis November 2015 jeweils zu drei Arbeitssitzungen treffen wird. Als ADFC Hessen sind wir, bis auf den EK Fußverkehr, überall sehr gut vertreten.
Die ivm GmbH (Frankfurt), deren Zweck die Förderung des integrierten Verkehrs- und Mobilitätsmanagement ist, wurde vom HMWEVL damit beauftragt, die Ergebnisse der Expertenkreise zusammenzufassen und daraus Vorschläge für die Ziele und Leitlinien der AGNH zu formulieren. Die organisatorische Leitung soll die Hessen Trade & Invest GmbH, die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft des Landes, übernehmen. Für einen späteren Zeitpunkt ist die Einrichtung einer eigenen Geschäftsstelle der AGNH vorgesehen.
Als ADFC in Hessen hatten wir noch niemals so viele reale Möglichkeiten, unsere Ziele, so wie sie in unserem 2013 in Aachen beschlossenen Verkehrspolitischen Programm niedergelegt sind, umzusetzen. Nicht von heute auf morgen, und nicht, ohne dafür von Verbündeten Unterstützung zu bekommen.
Uns fehlt es nicht an Enthusiasmus, es fehlt uns nicht an fachlicher Kompetenz und politischer Klarheit. Was wir allerdings weiter stärken müssen, ist die Manpower, um all die schönen Gelegenheiten und Chancen tatsächlich nutzen zu können. Mit der Einberufung des Lenkungskreises und der Gründung der AGNH ist eine lange und schwierige Etappe beendet worden – aber das Ziel liegt noch in weiter Ferne.
Unsere wichtigsten Aufgaben der nächsten Zeit werden sein, einerseits die Arbeit der AGNH voranzutreiben und transparent zu machen, die Messlatte nicht niedrig zu halten, sondern sie hoch zu setzen sowie andererseits, uns selbst in die Lage zu bringen, die neuen Aufgaben bewältigen zu können. Die uns durch die AGNH gebotenen Chancen wollen wir unbedingt nutzen.
Norbert Sanden