Editorial
Als ich vor über 30 Jahren dem gerade gegründeten ADFC beigetreten bin, tat ich dies in der Hoffnung, dass hier ein Verband entstünde, der sich, jenseits von Sport, Freizeit oder Tourismus, um die verkehrspolitische Dimension des Fahrrades kümmern würde. Verbunden damit war eine Hoffnung auf gesellschaftliche Veränderungen: Die Dominanz des Autos zurückdrängen, unsere Städte (wieder) menschengerechter machen, Fußgänger und Radfahrer als gleichwertige Teilnehmer am Verkehrsgeschehen anerkennen – und ihnen natürlich den dafür angemessenen Raum zugestehen.
An dieser Hoffnung hat sich für mich bis heute nichts geändert. Doch trotz wachsender Bedeutung des Radverkehrs scheinen mir die gesellschaftlichen Veränderungen, die einen grundlegenden Wandel in der Verkehrspolitik vorantreiben könnten, noch in weiter Ferne zu liegen. Und damit komme ich zu Norbert Sanden, dem Geschäftsführer des ADFC-Landesverbandes Hessen. Norbert hat sich Gedanken gemacht über das Politische in unserer Arbeit, über die Gründe und Hintergründe unserer zögerlichen Erfolge, unseren Kampf mit der Verwaltung – statt mit der Politik. Denn dort sieht er unsere Adressaten für einen grundlegenden Wandel in der Verkehrspolitik, nicht in den Amtsstuben in Frankfurt oder anderswo. "Den ADFC scheint nicht gerade die Frage anzutreiben, welche gesellschaftlichen Voraussetzungen eigentlich notwendig wären, um die Forderungen unseres Verkehrspolitischen Programms umsetzbar zu machen." Norberts lesenswerter Beitrag beginnt auf Seite 22.
Für die, die auf ernsthafte verkehrspolitische Veränderungen nicht mehr länger warten wollen, hat ein englischer Hersteller jetzt einen Schweinwerfer entwickelt, der ein grünlich schimmerndes Fahrradpiktogramm auf die Straße zaubert. Wenige Meter vor dem Vorderrad ist nun immer ein Radweg vorhanden, auf allen Straßen ist er dabei. Der Hersteller wirbt mit nichts weniger als einem "changing the rules of the road", die Regeln auf der Straße zu ändern. Ich bin kein Freund von Produktwerbung, weiß auch, dass solche Scheinwerfer nicht unseren Regularien entsprechen, aber in diesem Falle konnte ich meine Vorbehalte überwinden – werden hier doch Träume wahr und Hoffnungen (nahezu) erfüllt. Radverkehr ist nun da, wo ich fahre. Das sollten gesellschaftliche Veränderungen doch erreichen.
Passt auf euch auf, auf allen (Rad-) Wegen im neuen Jahr.
Peter für das Redaktionsteam