Abstellen von Fahrrädern vor Ladengeschäften
Vor kurzem erhielten wir folgende Mail:
"Mir ist es in letzter Zeit zweimal passiert, dass diese netten Securitymen mein Fahrrad einfach weggetragen haben, wenn ich es vor z. B. dem Kaufhof oder vor Douglas abgestellt hatte.
Gibt es ein Verbot, Fahrräder vor Läden abzustellen? Ist das nicht öffentlicher Raum? Oder gibt es eine ,Sperrzone' von 2 m, wie mir einer dieser Herren mitteilte, in der das Abstellen verboten ist?
Über eine Antwort wäre ich sehr erfreut!"
Das ist eine berechtigte Frage, auf die wir nicht spontan antworten konnten, sondern zu der wir vorsichtshalber Auskunft von Dritter Seite einholen mussten. Die eine erbaten wir vom Radfahrbüro der Stadt Frankfurt, da ja nicht auszuschließen ist, dass die lokalen Behörden den öffentlichen Raum anders definieren als dies anderswo der Fall ist; zum andern kontaktierten wir Roland Huhn, unseren ADFC-Juristen in Bremen.
Recht eindeutig und schnell war die Reaktion von Roland: "Das Abstellen von Fahrrädern in Fußgängerbereichen ist generell erlaubt, solange Fußgänger nicht behindert werden. Eine Regel, nach der vor Schaufenstern eine frei zu haltende Zone besteht, ist mir nicht bekannt." Weiter führte er aus: "Das würde auch dann gelten, wenn das Grundstück vor dem Laden oder Kaufhaus Privatgrund ist. Denn auf das Eigentum kommt es bei öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen nicht an."
Auch das Frankfurter Radfahrbüro antwortete, nicht ganz so flott aber eindeutig: "Es mag ja sein, dass Geschäfte für sich eine solche ,Sperrzone' definieren und diese gern frei halten würden, eine rechtliche Grundlage für das Verbot des Abstellens und das Entfernen von abgestellten Rädern ist uns allerdings nicht bekannt. Es darf durch abgestellte Räder lediglich der Verkehr nicht behindert werden, was auf der Zeil bei den zur Verfügung stehenden Flächen in der Regel auch nicht der Fall sein dürfte. Sicherheitsmitarbeiter, die sich gern als ,Hilfs-Sheriffs' sehen, sind definitiv rechtlich nicht autorisiert, Räder durch die Gegend zu tragen."
Auch in unserer ADFC-Hessen-internen Diskussionsrunde adfc-hessen@yahoogroups.de , die interessierten Lesern zur Teilnahme offen steht, schälte sich eine praktisch gleiche Einschätzung heraus.
Aus Platzgründen zitieren wir aus allen Schreiben nur auszugsweise. Wen der gesamte Schriftverkehr interessiert, der kann ihn von mir ( alfred [dot] linder [at] gmx [dot] net ) gern erhalten.
Summa summarum: Es wird Zeit, die Herren Hilfs-Sheriffs deutlich, aber freundlich darauf hinzuweisen, dass sie nicht berechtigt sind, fremde Fahrräder anzufassen mit dem Ziel, sie aus der von ihren Bossen eigenmächtig reklamierten Herrschaftszone zu entfernen. Sollte das nicht wirken, wird vielleicht die Frage, ob sie ein polizeiliches Gutachten benötigen, für Abhilfe und Ruhe sorgen.
Übrigens: als Lektüre bieten sich an das Buch "Recht für Radfahrer" von Dr. Kettler, dem ehemaligen ADFC-Vorsitzenden Schleswig-Holstein sowie die Internetseite von Dr. Peter de Leuw , vielen von Euch noch in Erinnerung als früherer Webmaster des ADFC Hessen-Portals.
Alfred Linder
Darf man das?
Passend zum Thema erreicht uns eine "Anekdote" aus Darmstadt
Ein Besucher einer Gaststätte stellt sein Fahrrad am späten Nachmittag an einer Abstellanlage ab und schließt es daran fest. Die Anlage befindet sich auf dem Bürgersteig vor dem Laden, die Gaststätte liegt gleich daneben.
Als er aus der Gaststätte herauskam (ca. 22 Uhr), war sein Fahrrad verschwunden, samt der (mobilen) Anlage, die nicht mit dem Boden fest verankert war.
Nach dem ersten Schrecken über den vermeintlichen Diebstahl bemerkte er sein Fahrrad samt Abstellanlage hinter dem Schaufenster des abgeschlossenen und verdunkelten Ladens. Der Ladenbesitzer hatte zum Ladenschluss seinen Fahrradparker hereingeholt. Dass da noch ein Fahrrad dranhing war ihm scheinbar egal.
Darf er das in diesem Fall?
Der Radfahrer musste dann sehen, wie er ohne Fahrrad heim kommt, hat sein Rad aber am nächsten Tag wiederbekommen.
Bernd Krause, ADFC Darmstadt