Neue Aufgabe
Mobil in Klaa Paris: Tina und Fritz beim Faschingsumzug in Heddernheim
Foto: Ecki Wolf
Der engere Kreis weiß es schon länger, viele wissen es seit der letzten Weihnachtsfeier, aber für die meisten kommt die Nachricht wohl überraschend: Ich höre auf.
Sicher, mit 63 Jahren ist es nicht ungewöhnlich, über ein Ende der beruflichen Tätigkeit nachzudenken und in zwei Jahren wäre es sowieso Zeit gewesen für die Rente. Warum also jetzt?
Die Gründe sind rein privater Natur. Als ich vor 11 Jahren meine jetzige Lebensgefährtin Tina Klingberg kennenlernte, wusste sie schon seit einigen Jahren, dass sie an Multipler Sklerose erkrankt war. Wir hatten uns im Fachausschuss Radverkehr getroffen, wohin sie geschickt worden war, um sich das Rüstzeug für ihre frisch angetretene ABM-Stelle beim ADFC Bremen anzueignen.
Damals waren die Folgen der Krankheit noch überschaubar. Sie konnte noch laufen, fuhr Fahrrad und ihr neuer Job machte ihr viel Spaß. 2003 kam dann der erste schwere Einschnitt. Laufen ging fortan nur noch mit Gehhilfen. Wir hatten uns inzwischen zusammengetan und ich führte fortan das eher anstrengende Leben eines Fernpendlers. Tina war vom ADFC zum Bremer Umweltsenator gewechselt und koordinierte dort sehr erfolgreich ein europaweites EU-Projekt zum Carsharing. Die vielen Reisen, die damit verbunden waren, fielen ihr zunehmend schwer. Das galt auch für die Balance auf zwei Rädern und so kauften wir 2005 ein Anthrotech-Liegedreirad, das ich mit Elektromotor nachrüsten ließ. Damit schaffte sie noch drei Jahre den Weg zur Arbeit, aber die selbständige Bewältigung des Alltags wurde immer schwieriger. Dazu gehörte auch die Überwindung der Treppen zu ihrer hübschen Dachwohnung in einem typischen Bremer Reihenhaus bei Freunden, die ihr eine große Hilfe waren, wenn ich in Frankfurt war. 2008 kam der nächste Rückschlag. Tina musste in den Rollstuhl und zog um in eine barrierefreie Wohnung mit Aufzug. Schon damals war klar, dass es so trotz des Einsatzes eines ambulanten Pflegedienstes auf Dauer nicht weiter gehen würde. Eigentlich war vorgesehen, dass ich nach dem Ende meiner Berufstätigkeit nach Bremen ziehen sollte, aber die Krankheit war schneller. Der Alltag in Bremen war für Tina schon 2010 trotz aller Unterstützung von Freunden nur noch mit größter Mühe zu schaffen.
So beschlossen wir Anfang 2011, dass Tina zu mir nach Frankfurt zieht. Eine Erdgeschosswohnung für sie war vorhanden. Den notwendigen rollstuhlgerechten Umbau hätte ich natürlich gerne noch vorher erledigt, aber das Fortschreiten der Krankheit ließ keinen Spielraum. Zum Schluss ging alles ganz schnell. Anfang Mai mietete ich ein Auto, wir luden die nötigsten Gerätschaften ein und machten uns auf den Weg in die neue Heimat. Der Rest kam in einem großartigen Hilfseinsatz von Bremer und Frankfurter Freunden nach.
Seit Juli letzten Jahres habe ich nun auch offiziell die Pflege von Tina übernommen und mache täglich die Erfahrung, wie schwer es ist, diese mit den Anforderungen des Berufs in Einklang zu bringen. Ich werde deshalb meine Tätigkeit für den ADFC Ende März beenden. Ich danke allen, insbesondere dem Vorstand des ADFC Frankfurt, für das Verständnis, das sie mir in meiner schwierigen Situation entgegen gebracht haben.
Ich bitte alle um Nachsicht, die in letzter Zeit vergeblich auf eine Antwort von mir gewartet haben. Es ist doch einiges liegen geblieben. Ich gehe dem ADFC nicht verloren, allein schon deshalb, weil ich bei der Bewältigung unserer Alltagsmobilität (siehe Foto) die Erfahrung mache, dass es trotz aller Fortschritte bei der Infrastruktur in Frankfurt aus der besonderen Perspektive eines Rollstuhldreirades noch sehr viel Verbesserungsbedarf gibt.
Meinem Nachfolger Bertram Giebeler wünsche ich viel Erfolg bei der weiteren Beackerung des Feldes, das ich in den vergangenen zwei Jahrzehnten gemeinsam mit anderen bestellt habe. Er wird es wohl leichter haben als ich bei meinem Start Anfang der 90er-Jahre, denn er kann nicht nur auf dem Erreichten aufbauen, sondern hat mit dem Radfahrbüro der Stadt auch hoch qualifizierte und motivierte Mitstreiter auf dem weiteren Weg zur Fahrradstadt Frankfurt.
Das ist jedenfalls die Meinung von
Fritz Biel