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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Von: Ansgar Hegerfeld am 2. Februar 2024, Kategorie: Politik/Verkehr
Natenoms Maskottchen, der kleine Plüsch-Elefant, auf seinem eigenen Fahrrad
Bildquelle: https://kagube.de/2023/10/2023-10-24-selfies/
Natenoms Maskottchen, der kleine Plüsch-Elefant, auf seinem eigenen Fahrrad
Bildquelle: https://kagube.de/2023/10/2023-10-24-selfies/

Wenn der Überholabstand nicht mehr messbar ist…

Am 30. Januar 2024 wurde der engagierte Radfahrer „Natenom“, bürgerlich Andreas Mandalka, bei Pforzheim von einem Autofahrer getötet. Ein vermeidbarer Tod mit Ansage.

Eigentlich wollte er, wie viele von uns, einfach nur die Natur genießen und in Ruhe von A nach B kommen. Weil er aber mit dem Fahrrad fuhr, wurde er regelmäßig absichtlich besonders eng überholt, angehupt, angespuckt, mit Gegenständen aus Autos heraus beworfen, an Rastplätzen von aggressiven Autofahrenden gestoppt und auch abseits der Fahrbahn bedroht – alles auf Videos über Jahre hinweg bestens dokumentiert. Alleine seine Existenz auf zwei Rädern und sein später auch öffentlich geäußerter Wunsch nach Einhaltung der Gesetze bzw. Verkehrsregeln provozierte manche Menschen so sehr, dass sie ihm sogar ganz direkt den Tod wünschten und androhten. Seine Erlebnisse teilte er vor allem in sozialen Netzwerken, er war aber auch bei der Critical Mass, Fahrraddemonstrationen und dem OpenBikeSensor-Projekt bei der Messung von Überholabständen aktiv. Einige Frankfurter Aktive kannten ihn von der IAA-Sternfahrt 2019, die in Frankfurt startete. Bundesweit galt er als unbeirrbarer Kämpfer für die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmenden.

Natenom setzte sich auch im echten Leben dafür ein, dass Radfahrende sich gleichberechtigt und sicher im Straßenverkehr bewegen können. Polizei und Staatsanwaltschaft konnten mit dieser Forderung leider nichts anfangen und stellten reihenweise die Verfahren gegen die nicht selten selben Tatverdächtigen ein, sofern sie die Strafanzeigen überhaupt annahmen. Abwimmeln und Aussitzen war ihre gängige Praxis, daran konnte auch die bisherige Presseberichterstattung nichts ändern.

Wieso das bundesweite Entsetzen nach dem Bekanntwerden seines Todes groß ist? Viele Menschen kennen diese Überholsituationen, das Gefühl, der Gefahr durch Autofahrende hilflos ausgeliefert zu sein und voller Adrenalin froh zu sein, gerade noch knapp überlebt zu haben. Nur die wenigsten ertragen dieses Stresslevel während der Fahrten, wenn man über viele Jahre hinweg auf solchen Strecken unterwegs ist. Dazu kommt noch das erneute Erleben der Situationen bei der aufwendigen Nachbereitung mit Videoschnitt und dem Schreiben von Strafanzeigen. Er war einer der wenigen, die dies bis zum bitteren Ende durchgehalten haben.

Natenom wurde 43 Jahre alt und genau auf der Landstraße getötet, die er regelmäßig nutzte und für die er seit Jahren einen vernünftigen Radweg forderte. Er war auf dem Heimweg und fast Zuhause.

Dass ihn nun ein 77-jähriger Autofahrer tötete, war Zufall. Aber dass der Unfall passiert ist, ist kein Zufall. Wir hätten Natenom und auch die vielen anderen, die auf unseren Straßen getötet werden, schützen können. Leider haben wir uns als Gesellschaft bisher dagegen entschieden.

Natenom hatte vor seinem Tod explizit darum gebeten, dass die engagierten Radfahrenden in dem nun leider eingetretenen Fall seinen Tod auch politisch nutzen sollen, um endlich die Verkehrssicherheit zu verbessern. Seinem letzten Wunsch kommen auch wir nach, daher unterstützen wir bei der Organisation einer Gedenkveranstaltung in Pforzheim. Wir werden ihn und sein Maskottchen, einen oft blau dargestellten Elefanten, in Erinnerung behalten und seine Vision von Gleichberechtigung im Straßenverkehr weiter verfolgen.

Wir wünschen seinen Angehörigen viel Kraft und bedanken uns bei Natenom für sein bewundernswertes Durchhaltevermögen. Wir vermissen ihn.