Es reicht jetzt mit der Raserei!
Nach dem tödlichen SUV-Unfall im Ostend demonstrieren 200 Radfahrer*innen gegen den PS-Wahn
Eine von drei Kurz-Kundgebungen der Demo am 5. Dezember, aus traurigem Grund: hier, an der Taunusanlage, wurde vor gut einem Jahr der Kantinenleiter eines nahegelegenen Bürohochhauses auf dem Fahrrad getötet
Foto: Bertram Giebeler
Am 21. November starben im Frankfurter Ostend zwei Menschen, weil ein Mann seinen hochgezüchteten SUV nicht beherrschen konnte. Einer davon, ein Kurier-Radler für Lieferando, ist innerhalb eines Jahres schon der zweite von einem Auto-Raser getötete Radfahrer in Frankfurt. Der junge Mann war Student an der UAS (Fachhochschule), stammte aus Indien, und der harte und wahrlich nicht fürstlich bezahlte Job bei Lieferando war sein erster Studentenjob in Deutschland.
Ähnliches ereignete sich im letzten Jahr: direkt vor den Türmen der Deutschen Bank in der City wurde der Kantinenleiter eines benachbarten Bürohochhauses auf dem Fahrrad totgefahren, von einem Mann, der in einem "Sportwagen" mit maßlos überhöhter Geschwindigkeit bei Rot über die Ampel an der Junghofstraße bretterte.
So langsam kommt unter Radfahrer*innen in Frankfurt die Entschlossenheit auf, sich diese permanente Bedrohung nicht länger bieten zu lassen. Falko Görres von der Initiative Ghostbike brachte es bei der Zwischenkundgebung an der Taunusanlage auf den Punkt: warum dürfen solche völlig übermotorisierten und mehrere Tonnen schweren Blechmonster überhaupt auf die Straße? Warum wird so ein für andere lebensgefährlicher Schwachsinn überhaupt zugelassen? Niemand braucht 500 PS unterm Gasfuß! Schon gar nicht charakterlich unterentwickelte junge Männer (Falko nannte es "toxische Männlichkeit"), die mit dem Machtgefühl dabei überhaupt nicht umgehen können.
Ansgar Hegerfeld vom ADFC Frankfurt wies auf der Schlusskundgebung am Unfallort darauf hin, dass in Deutschland selbst Verursacher von Unfällen mit mehreren Toten ihren Führerschein wiederbekommen, während in unseren Nachbarländern längst viel rigoroser durchgegriffen wird, was dort auch tatsächlich für Disziplin am Steuer sorgt. Schließlich ist jedes Auto eine potentielle Waffe – das mussten wir in schrecklicher Weise erst vor wenigen Tagen in Trier bestätigt bekommen. Je größer und stärker das Auto dabei ist (auch in Trier ein schwerer SUV), desto eher kommt das gefährliche Machtgefühl auf. Bund und Länder sind gefordert, hier jetzt Grenzen zu setzen.
Auch zwei Vertreter der zahlreich bei der Demo vertretenen Lieferando-Kuriere sprachen auf der Abschlusskundgebung, stellten das Unfallopfer als Person vor und informierten über ihre Arbeitsbedingungen, die gerade wegen der unzureichenden Radverkehrs-Infrastruktur besonders hart und gefährlich sind. Die Demonstration fand ihren würdigen Abschluss in der Aufstellung eines Ghostbikes am Unfallort an der Sonnemannstraße.
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