Frankfurt Kernstadt:
Radverkehr wächst weiter, Autoverkehr weiter rückläufig
Verkehrszählung 2018 am "inneren Kordon" in Frankfurt
Radfahren ist schneller und praktischer, besonders in der Kernstadt. Der Trend ist ungebrochen. Das muss sich auch in der Verteilung des Straßenraums widerspiegeln!
(Grafik Stadt Frankfurt)
Alle 2 Jahre, in den geraden Jahren, führt das Referat für Mobilitätsplanung im Verkehrsdezernat eine Verkehrszählung an zwei Ringen in und um Frankfurt durch. Die Zählmethode, die Zählpunkte und die Kriterien für die Zähltage (keine Ferien, keine Messen) sind seit Jahren konstant, sodass ein Zeitreihenvergleich recht aussagekräftig ist.
In der Kernstadt gibt es immer weniger Autos. Die Auto-Infrastruktur ist dort überdimensioniert und kann zugunsten des Fahrrads schrumpfen. In Suburbia rollen dafür um so mehr Autos!
(Grafik Stadt Frankfurt)
An einem äußeren Ring, der in etwa den Stadtgrenzen entspricht, werden nur die KFZ-Bewegungen registriert. Hier ergibt sich eine Steigerung von 6,5 % von 2016 auf 2018. Angesichts des rapiden Wachstums von Stadt und Region an Einwohnern und Arbeitsplätzen kann das nicht völlig überraschen. Das Fahrrad ist angesichts weiter Pendel-Entfernungen und mangels schneller Radverbindungen doch keine Alternative für die große Masse, und das ÖV-Angebot ist zwar gut für die radialen Verkehre in die City, aber schwach bei Tangentialverbindungen in die wachsenden suburbanen Gewerbegebiete und Siedlungen.
Am "inneren Kordon", der vom Alleenring und den Mainbrücken gebildet wird, werden sowohl KFZ- als auch Radverkehr gezählt. Im Prinzip erfasst der "innere Kordon" den Verkehr durch die Gründerzeit-Wohnviertel rings um die City. Wer mit dem Rad einen der Zählpunkte passiert, der hat mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Start-Ziel-Entfernung zu bewältigen, bei der das Fahrrad konkurrenzfähig oder sogar sicher schneller ist – bis ca 6 km, bei Pedelec/E-Bike sogar mehr. Und hier zeigt es sich, dass die Frankfurter/innen von Jahr zu Jahr schlauer werden: immer weniger tun sich den Stress an, mit dem Auto in die City zu fahren; immer mehr bekommen mit, dass es per Rad schneller und besser geht!
Der Radverkehr im Kernbereich Frankfurts wächst weiterhin, wenn auch 2018 die Dynamik dieses Wachstums nachgelassen hat. Der generelle Trend über den längeren Zeitraum ist aber eindeutig, daran ändern auch gelegentliche "Dellen" in den Zählwerten nichts: Verdoppelung seit 2008, Vervierfachung seit 1998 und Versechsfachung seit 1988!
Wenn man sich fragt, woran das Radverkehrs-Wachstum insbesondere in den letzten 10 Jahren denn wohl liegt, dann kommt man um eine Feststellung nicht herum: an bahnbrechenden baulichen Erweiterungen der Radverkehrs-Infrastruktur a la Kopenhagen oder Holland liegt es mit Sicherheit nicht! Auf einer Veranstaltung des Radentscheids Anfang März stellte ein Teilnehmer fest - selbst etwas verblüfft von seiner eigenen Aussage, dass man in Frankfurt tagaus-tagein ohne Probleme zig Kilometer Rad fahren kann, ohne einen einzigen Radweg zu benutzen!
Das stimmt, und das ist zunächst einmal völlig in Ordnung so! Frankfurt hat ein großes Netz von ganz normalen Straßen, auf denen Tempo 30 gilt und die, wenn sie Einbahnstraßen sind, in Gegenrichtung per Rad befahrbar sind. Hier ist Frankfurt nach wie vor bundesweit Vorreiter, und diese Basis-Infrastruktur auf der Fahrbahn macht es möglich, vielen der allergröbsten Stress- und Gefahrenabschnitte an den Hauptstraßen aus dem Wege zu radeln. Für die meisten Frankfurter/innen ist der Weg von A nach B ein Flickenteppich aus solchen Straßen, aus gelegentlichen Passagen mit Radweg/Radstreifen/Schutzstreifen und aus punktuellen Risikoabschnitten ohne Radverkehrsführung.
Die derzeit von der Stadt verfolgten Programme für Lückenschlüsse und für die wegweisende Beschilderung, die zahlreichen Markierungslösungen, demnächst ergänzt durch Roteinfärbung an Querungen, all das erleichtert die Rad-Mobilität auf der Infrastruktur wie sie derzeit ist, und dieses Angebot nutzen von Jahr zu Jahr mehr Menschen in dieser Stadt. In der altersmäßigen Zielgruppe Teenager bis rüstige Rentner/innen kommen viele mit der Situation zurecht, und es könnten potentiell noch viel mehr sein.
Wenn man aber ein ambitioniertes Ziel in Richtung einer echten Verkehrswende im Auge hat, zeigen sich schon jetzt die Grenzen dieser Qualität der Infrastruktur. Zum einen sind alle Fahrbahnmarkierungs-Führungen gefährdet durch das penetrante Falschparken. Wenn die Stadt das nicht in den Griff bekommt, ob durch rabiates Abschleppen oder durch physische Barrieren, sind diese Lösungen wertlos. Dazu gibt es nach wie vor faktische No-Go-Zonen für Radfahrer/innen, wie etwa am Hauptbahnhof.
Eine einzige auch nur kurze unvermeidbare Passage dieser Art auf dem täglichen Weg bringt viele dazu, gar nicht erst in den Sattel zu steigen. Will man Zielgruppen täglich aufs Fahrrad bringen, die heute noch gar nicht oder nur am Wochenende an der Nidda Rad fahren, müssen diese Menschen sich sicher fühlen, sonst versuchen sie es gar nicht erst. Und das Gefühl muss dann auch mit der Realität übereinstimmen, sonst werden sie einen Unfall erleiden. Will die Stadt wirklich die Ziele Schadstoffreduzierung, Klimaschutz und bessere Aufenthaltsqualität erreichen, geht das nur mit deutlich mehr Radverkehr, und dann muss auch dem Fahrrad mehr Platz im Straßenraum geschaffen werden, wenn nötig auch zu Lasten des rollenden und ruhenden Autoverkehrs.
Download der Präsentation der Stadt Frankfurt am Main zur Stadtrandzählung 2018